Die Kirchensteuer ist in Deutschland eine Steuer, die seit 1919 von allen religiösen Organisationen erhoben werden kann, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sind. Der Staat hilft den Kirchen dabei, diese Kirchensteuer zu erheben: Denn diese wird von den Finanzämter der einzelnen Bundesländer erhoben.

Da aufgrund der endlosen Skandale die Anzahl der Konfessionsfreien und der Kirchenaustritte stetig steigt, werden nun auch Rufe nach dem Ende der Kirchensteuer laut.

Wie viel Kirchensteuer fällt in Deutschland an?

Grundsätzlich bemisst sich die Kirchensteuer an der Einkommensteuer. In den meisten Bundesländern beträgt die Kirchensteuer 9 % der Einkommensteuer. Lediglich in Bayern und Baden-Württemberg sind es 8 % – hier kommt aber noch ein sogenanntes Kirchgeld auf den gläubigen Steuerzahler zu.

Kirchensteuer: Summe im Jahr 2021

Im Jahr 2021 konnte allein die katholische Kirche in Deutschland auf diese Weise rund 6,73 Milliarden Euro einnehmen. Die evangelische Kirche kommt auf etwas weniger, nämlich 5,99 Milliarden Euro.

Durchschnittliche Kirchensteuer (pro Kopf)

Knapp 300 Euro bezahlen die Kirchenmitglieder pro Kopf und Jahr an die Kirchen. Bei der katholischen Kirche sind es im Schnitt 291 Euro, bei den evangelischen sind es 278 Euro im Jahr. 

Menschen in Steuerklasse I und IV werden am stärksten zur Kasse gebeten.  Bei einem Bruttoeinkommen von 4.000 Euro würde sich die Kirchensteuer auf 60,23 Euro monatlich summieren – im Jahr also 722,76 Euro.

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Wer muss in Deutschland Kirchensteuer bezahlen?

Das ist recht einfach: Wer Mitglied einer der Religionsgemeinschaft ist, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind, zahlt. Voraussetzung dafür ist der Hauptwohnsitz in Deutschland.

Zu den erwähnten Kirchen gehören: 

  • Katholische Kirche
  • Altkatholische Kirche
  • Evangelische Landeskirchen
  • Jüdische Kultusgemeinden
  • Israelitische Religionsgemeinschaften
  • Freireligiöse Gemeinden
  • Französische Kirche zu Berlin
  • Mennonitengemeinde in Hamburg-Altona
  • Unitarische Religionsgemeinschaft Freier Protestanten in Rheinland-Pfalz

Zahlen muslimische Gläubige Kirchensteuer?

Nein, Mitglieder einer islamischen Glaubensgemeinschaft zahlen keine Steuern. Diese sind nämlich nicht als Körperschaften anerkannt. 

Das gilt zumindest für vier der fünf großen islamischen Verbände. Ausnahme ist die Sondergemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat: Diese wiederum hat Körperschaftstatus, erhebt aber aktuell keine Steuern. 

Auch Buddhist*innen sind nicht zur Zahlung einer Kirchensteuer verpflichtet. 

Arten der Kirchensteuer

Kirchensteuern werden auf drei Arten erhoben:

  1. Kircheneinkommensteuer (= Kirchenlohnsteuer),
  2. Kirchensteuer vom Grundbesitz und 
  3. das allgemeine sowie das besondere Kirchgeld. 

Kirchensteuerabzug vom Lohn (Kircheneinkommensteuer)

Das ist die gängigste Variante: Die Kirchen erhalten einen Anteil aus der Lohnsteuer. Die Höhe der Kirchensteuer richtet sich in Deutschland nach dem Wohnort. Je mehr man also verdient, umso mehr Kirchensteuer wird fällig. 

Keine Kirchensteuer bei Freibetrag

Ist das jährliche Einkommen niedriger als der Freibetrag von Euro 10.347 (Stand: 2022), wird keine Lohn-/Einkommensteuer und folglich auch keine Kirchensteuer erhoben. Bei Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartner*innen gilt der doppelte Grundfreibetrag: 20.694 Euro.

So können reiche Menschen die Kirchensteuer kappen

Besserverdienende haben die Möglichkeit, per “Kappung” ihre fällige Kirchensteuer zu begrenzen. In Berlin etwa gilt ein Kappungssatz von drei Prozent. Somit ist die Kirchensteuer auf drei Prozent des zu versteuernden Einkommens begrenzt, womit sich ein paar hundert Euro im Jahr sparen lassen.

Kirchensteuer vom Grundbesitz

Einige Bistümer oder Diözesen besteuern nicht nur das Einkommen ihrer Mitglieder, sondern zusätzlich auch deren Grundbesitz. Beispiele: die römisch-katholischen Diözesen Limburg und Speyer in Rheinland-Pfalz.

Die Kirchensteuer vom Grundbesitz wird von den Gemeinden mit der Grundsteuer eingezogen und bemisst sich nach einem festen Prozentsatz, zum Beispiel 10 % des Grundsteuermessbetrags.

Allgemeines und besonderes Kirchgeld

Bei niedrigem Einkommen und fehlendem Grundbesitz müssten Mitglieder einer staatlich anerkannten Kirchengemeinde eigentlich keine Abgabe an ihre Kirche entrichten. 

Hier kann das allgemeine Kirchgeld fällig werden: Dadurch entrichten zum Beispiel auch Erwerbslose ihren Beitrag zur Kirche, wenn sie volljährig sind und Einnahmen über dem Existenzminimum haben. Der Betrag liegt zwischen 5 und 120 Euro im Jahr, er ist direkt an die jeweilige Kirchengemeinde zu entrichten.

Das besondere Kirchgeld betrifft Verheiratete bzw. Verpartnerte, die ihre Steuern gemeinsam veranlagen.

Tritt beispielsweise die Ehefrau bei gemeinsamer Steuerveranlagung aus der Kirche aus, weil sie nicht an Jesus glaubt, muss der Mann nun das besondere Kirchgeld zahlen, und zwar auf das gemeinsame Einkommen angerechnet. Sie zahlt also nichts mehr, er dafür deutlich mehr.

Kann man die Kirchensteuer von der Steuer absetzen?

Ja, das geht. Die gezahlte Kirchensteuer kann Sonderausgabe von der Steuer abgesetzt werden. Dazu muss man den Betrag einfach in der Anlage “Sonderausgaben” unter „Kirchensteuer“ angeben.

Was passiert mit der Kirchensteuer?

Viele Menschen denken, dass die Kirche die Kirchensteuer vor allem für karitative Zwecke nutzt oder beispielsweise in Kitas und Schulen Erziehungsarbeit leistet.

Das stimmt – aber nur zu einem geringen Teil. Denn Kindergärten und Altenheime werden zu über 90 Prozent vom Staat finanziert. Weniger als zehn Prozent kommen aus der Kirchensteuer. Die Kirchen schlachten diesen Einsatz PR-technisch aber gekonnt aus und lassen sich für ihre wohltätige Arbeit feiern.

Bischof Gehalt

Was macht die Kirche mit dem vielen Geld?

Der Großteil der Steuereinnahmen wird für das kirchliche Personal verwendet. Lies dazu auch unseren Artikel: Welches Gehalt hat ein Bischof?

Am Beispiel des Bistums Trier finden sich hier folgende Angaben:

  • 39,7 % für Personal-, Sach- und Baukosten. Zum Personal zählen pastorale, die Dekanate, die Kassenstellen, die Personalverwaltung sowie -abrechnung,
  • 14,7 % für Kitas, die für die Kirchen und die Indoktrination von Kleinkindern eine maßgebliche Rolle spielen,
  • 9,43 % für Bistumsleitung und -verwaltung,
  • 9,03 % für die Caritas,
  • 5,83 % für Finanzen und sonstige Aufwendungen,
  • 5,58 % für berufliche Bildung und Erwachsenenbildung,
  • 5,11 % für katholische Schulen und Religionsunterricht,
  • 3,10 % für besondere Felder der Seelsorge, zum Beispiel die Krankenhausseelsorge, die Hochschulseelsorge, oder auch die Muttersprachliche Seelsorge, 
  • 2,82 % für überdiözesane Einrichtungen,
  • 2,13 % für die Jugend
  • 1,72 % für Beratung (Lebensberatungsstellen, Telefonseelsorge, Beratung und Prävention) sowie 
  • 0,85 % für Aufwendungen für die Altersversorgung. 

„Der größte Posten in jedem kirchlichen Haushalt ist der für das kirchliche Personal.“

Christiane Florin, Redaktion Religion und Gesellschaft des Deutschlandfunks

Kirchenaustritt: Schluss mit der Steuer

Wer verständlicherweise keine Kirchensteuer mehr zahlen möchte, muss aus der Glaubensgemeinschaft austreten. Den Austritt beantragt man bei einer staatlichen Stelle, z. B. dem zuständigen Standesamt oder dem Amtsgericht. Je nach Bundesland wird eine Austrittsgebühr zwischen 5 und 30 Euro fällig. In Brandenburg ist der Austritt gebührenfrei.

Es ist wichtig, sich eine Austrittsbestätigung ausstellen zu lassen und diese sorgfältig aufzubewahren. Nach Umzügen kann es zu fehlerhaften Datentransfers kommen: Die betreffenden Personen müssen ihren Kirchenaustritt dann nachweisen können.

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Ein guter Beitrag findet sich auch bei „Answers without Questions“ unter dem Titel: Die Kirchensteuer aus katholischer und aus säkularer Sicht


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