
Kirche und Ekklesia
Im Deutschen versteht man unter dem Begriff “Kirche” dreierlei:
- in einem engen Sinn ein Kirchengebäude, gemeint sind vor allem christliche Versammlungsorte.
- Zweitens ist die Kirche als Institution oder organisierte Religion gemeint.
- Und drittens versteht man unter Kirche die Glaubensgemeinschaft – für letztere lässt sich synonym auch der Begriff “Ekklesia” verwenden. Die Liste der christlichen Konfessionen ist allerdings lang. Wir beschränken uns nachfolgend auf die größten Kirchen.

Römisch-katholische Kirche
Nach eigenem Verständnis ist die katholische Kirche nicht nur die größte der christlichen Glaubensgemeinschaften, sondern auch die einzig wahre. Sie ist in 24 Teilkirchen gegliedert. 23 dieser unierten Institutionen spielen als “Katholische Ostkirchen” in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Prägend ist hingegen die Westkirche oder “Lateinische Kirche”. Sie ist streng hierarchisch gegliedert, mit dem römischen Bischof (“Papst”) als Oberhaupt. Die Westkirche zeichnet sich durch eine eigene Liturgie (also rituelle Ausgestaltung des Gottesdienstes) aus: den römischen Ritus.
Evangelische Kirche
Kirchen, die den Grundsätzen der Reformation (ab 1517 durch Martin Luther) anhängen, werden evangelisch, lutherisch und/oder protestantisch genannt. Die Umgangssprache unterscheidet dies im Deutschen nicht präzise. Diese Glaubensgemeinschaften In Deutschland bezeichnen sich selbst allerdings als “evangelisch”, was ihre Nähe zum Evangelium (Botschaft von Jesus) ausdrücken soll. Evangelisch-lutherische Kirchen sind ein gesonderter Zwei des Protestantismus. Anders als bei den Katholiken kommt der “Heiligen Schrift” (Bibel) bei den evangelischen Kirchen grundlegendere Bedeutung als der Tradition der Kirche.


Orthodoxe Kirchen
Orthodoxe (“rechtlehrende”) Kirchen sind auf dem Balkan, in Griechenland, Kleinasien und Russland besonders verbreitet – allerdings nicht das gleiche wie die katholischen Ostkirchen! Sie pflegen den “byzantinischen” Ritus. Einen besonderen Stellenwert nimmt in den orthodoxen Kirchen der Gesang ein, der als Gebet gilt. Die orthodoxen Kirchen sind nach der römisch-katholischen Kirche die zweitgrößte christliche Konfession. Organisatorisch sind sie getrennt in kanonische und nicht-kanonische Kirchen.
Geschichte der Kirche
Die Kirchengeschichte ist eine Spezialdisziplin der Geschichtswissenschaft. Vielfach wird sich auch als Disziplin der Theologie aufgefasst. Sie befasst sich einerseits mit der Entwicklung der theologischen Aspekte (“Dogmengeschichte”) als auch mit den weiteren gesellschaftlichen und politischen Einflussnahme der Kirche.
Die Geschichte der Kirche ist überaus komplex. Handlungen und Akteure müssen im Kontext ihrer jeweiligen Geistesgeschichte und ihres Wissenshorizonts betrachtet werden, was nicht immer einfach ist. Bei Amazon allein finden sich rund 50.000 Buchtitel zur Kirchengeschichte.
Historie der christlichen Kirchen
In einer sehr groben Gliederung lässt sich die Kirchengeschichte einteilen in …
- die Geschichte der Urgemeinde und der Alten Kirche,
- das Mittelalter mit dem “Großen Schisma” (Spaltung der orthodoxen von der katholischen Kirche),
- die Reformation (Abspaltung des Protestantismus) und
- die Neuzeit.
Alte Kirche
Im Grunde entsteht auch die christliche Urgemeinde selbst durch eine Abspaltung: Eine jüdische Minderheit in Palästina glaubte daran, dass der Wanderprediger Jesus von Nazareth die Inkarnation (“Gottessohn”) des Schöpfergottes Jahwe und auch selbst ein Gott sei. Dieser sagte das unmittelbare Ende der Welt und die Ankunft eines himmlischen Reichs vorher. Er wurde um das Jahr 30 vom römischen Statthalter Pontius Pilatus in Jerusalem hingerichtet.

Im dritten Band der “Kriminalgeschichte des Christentums” mustert Deschner das antike Christentum in epochalen Längsschnitten systematisch nach bedeutsamen, bisher jedoch regelmäßig kaschierten Verbrechensschwerpunkten: das christliche Fälschungswesen, der Wunder- und Reliquienschwindel, die Wallfahrtswirtschaft, das bildungsfeindliche Erziehungsprogramm und die doppelzüngige Soziallehre bzw. die Sozialpolitik der Großkirche.
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Urchristentum
Jesus unmittelbare Anhänger nannte man Apostel, das Zeitalter etwa bis zur ersten Jahrhundertwende entsprechend das “apostolische Zeitalter”. Hier leiteten die Apostel selbst oder ihre Schüler die Kirchen. Im Laufe des 1. Jahrhundert löste sich das Christentum zunehmend vom Judentum. Im Jahr 48 kam es zu einem ersten Konzil, wie man in der katholischen Kirche die maßgeblichen Versammlungen bis heute nennt.
Christenverfolgung im Römischen Reich
Bereits im ersten Jahrhundert kam es zu Christenverfolgungen. Der wachsende Einfluss der christlichen Kirchen im Römischen Reich wurde mit Missfallen beobachtet. Zunächst spontan und lokal begrenzt, weiteten sich die zum Teil äußerst blutigen Maßnahmen spätestens ab dem 3. Jahrhundert zu reichsweiten Anordnungen der Kaiser Decius, Valerian und Diokletian) aus. Erst mit der “konstantinischen Wende” (ab 313) und dem Dreikaiseredikt im Jahr 380 endeten die Christenverfolgungen. Wenig später, im Jahr 393, wurde das Christentum unter Kaiser Theodosius I. zur römischen Staatsreligion.
Jahrhundertelang wurden Christen zur Zeit der frühen Kirche (1. bis 4. Jahrhundert) mit unfassbarer Grausamkeit gequält und ermordet. Die Verfolgten haben ihre Nöte mit oft übermenschlichem Mut erduldet – manchmal auch ihr Martyrium in einem uns heute sehr fremd anmutenden Verlangen geradezu gesucht. In diesem Buch werden Motive und Verlauf der Christenverfolgung beschrieben, Verantwortliche und Opfer benannt, aber auch die Gründe erhellt, weshalb die Pogrome und systematischen Nachstellungen schließlich an ihr Ende gelangten.

Kirche im Mittelalter
Morgenländisches (Großes) Schisma
Im 11. Jahrhundert kam es zur Spaltung (Schisma) der christlichen Kirche in die orthodoxe und die katholische Kirche. Auslöser war die gegenseitige Exkommunikation einer päpstlichen (westlichen) Gesandtschaft und der östlichen Kirchenführung im Jahr 1054. Es gab sowohl politisch, aber auch theologische Differenzen (zum Beispiel über die Stellung des Papstes). In der Folge wurde das Verhältnis der beiden Kirchen zunehmend zerrüttet. Spätestens seit der Eroberung Konstantinopels (Istanbuls) während des Vierten Kreuzzugs (1204) durch katholische Truppen wurde eine Wiederannäherung letztendlich verunmöglicht. Erst im Jahr 1965 (!) sollte es zu einer oberflächlichen Aussöhnung kommen. Bis heute streiten sich die beiden Kirchen um das sogenannte Filioque (drei Wörter im Glaubensbekenntnis).
Reformation
Im 16. Jahrhundert gab es umfassende Erneuerungsbewegungen in Deutschland und der Schweiz. Sie führten zur nächsten großen Kirchenspaltung: der Reformation. In Wittenberg proklamierte der Theologieprofessor Martin Luther eine Rückbesinnung (Reformation) auf die Bibel. 1517 nagelte er der Legende nach 95 Thesen an eine Kirchentür. Einer der Gründe war die “Verkommenheit” der Kirche durch ihren lukrativen Ablasshandel. Zeitgleich wirkte in Zürich der Reformator Ulrich Zwingli (1484–1531) auf eine noch absolutere Rückbesinnung zur Bibel hin: Er wollte nur das akzeptieren, was ausdrücklich in der Heiligen Schrift stand. Zwingli gilt als Urheber der evangelisch-reformierten Kirchen.
Bücher zur Reformation
Kirche in der Neuzeit
Gegenreformation und Lutherische Orthodoxie
Das 16. und 17.Jahrhundert in Europa sind vom Gegensatz der protestantischen und katholischen Konfessionen geprägt. Einerseits verfestigte sich die lutherische Theologie zunehmend. Andererseits versuchte die katholische Kirche mit Macht, die Einflussnahme reformatorischer Bewegungen in Zaum zu halten. Mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurde einer der verheerendsten Konflikte Mitteleuropas durch diese religiösen Differenzen ausgelöst. Zugleich folgten Missionare den kolonialen Eroberern nach – die Christianisierung Lateinamerikas und Teilen Afrikas erfolgte zum Teil äußerst gewaltsam.
Aufklärung
Im 17. und frühen 18. Jahrhundert wurde die politische Einflusssphäre der Kirchen schwächer. Aufklärerische Gedanken und die mit ihr verknüpfte Religionskritik und Kirchenkritik führten verstärkt zum Wunsch nach Säkularisierung. Mit dem Pietismus sah auch die Aufklärung eine große reformatorische Bewegung: Ihm ging es um Frömmigkeit und den inneren Wandel – nicht um die Einhaltung von Ritualen.
Kirche in der Moderne
Nach der Aufklärung, der französischen Revolution und den Napoleonischen Kriegen stand insbesondere die katholische Kirche für Restauration und Antimodernismus. Mit dem Marxismus sah sich die Kirche einer ideologischen Ablehnung ihres Machtmonopols gegenüber: Die universelle Gültigkeit von Religion wurde durch die Erklärungsmodelle des Historischen Materialismus ausgehöhlt.
Die Kirche in den Weltkriegen
Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) verhielt sich die katholische Kirche neutral. Das Ende des Krieges markierte das Ende der quasi-theokratisch geprägten Monarchien, deren Absolutheitsanspruch sich stets aus einer “Gottgegebenheit” speiste. Mit dem Abdanken Kaiser Wilhelms II. endete die Monarchie in Deutschland. Auch die Habsburger Monarchie kam nach 650 Jahren Herrschaft zu einem Ende. An die Stelle der Kaiserreiche traten Republiken.
Vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verständigte sich die römisch-katholische Kirche im Reichskonkordat (1933) mit den Nationalsozialisten. Der Vertrag versicherte die Freiheit des katholischen Bekenntnisses, stellte Geistliche unter Schutz und garantierte Religionsunterricht und der theologischen Fakultäten. In einem geheimen Anhang wurden Mitglieder des Klerus von der Wehrpflicht ausgenommen.
Missbrauchsskandale
In den letzten Jahrzehnten wurden immer mehr Fälle sexuellen Missbrauchs in der römisch-katholischen Kirche bekannt. Der Missbrauch erstreckt sich auf mehrere Länder (Irland, USA, Deutschland, Frankreich, Italien, …) in unterschiedlichem Ausmaß, allerdings nach ähnlichen Mustern. Die Opfer sind meist Kinder in der Obhut der Kleriker oder anderen kirchlichen Personals; seltener auch Ordensschwestern. Seit Jahrzehnten vertuschen Bistümer und der Vatikan das Problem. Opfer wurden unter Druck gesetzt und mit Geld zum Schweigen gebracht, häufig die Täter vor Strafverfolgung geschützt.
Neben den sexuellen Übergriffen kam es auch zu anderen Misshandlungen, Gewalt und Sadismus. Im Jahr 2010 kam es zu einer Welle von Enthüllungen und infolgedessen zu drastisch erhöhten Austrittszahlen. In Frankreich kam eine Studie zu dem Schluss, dass von 1950-2018 etwa 330.000 Kinder Opfer von Missbrauch geworden waren.
»Die Zahlen sind erschütternd und können nicht folgenlos bleiben«
Jean-Marc Sauvé, Präsident der Unabhängigen Missbrauchskommission in der Kirche (CIASE)
Kirchenkritik
Kirchenkritik ist Kritik am institutionalisierten Glauben. Man unterscheidet zwischen Kirchenkritik von innen (immanente Kritik) und außen (externe Kritik). Kritisiert werden sowohl ideologische Aspekte als auch politische und soziale Dimensionen der Kirche. Zu den bekanntesten Kirchenkritikern gehören die Philosophen Voltaire und Ludwig Feuerbach, Friedrich Nietzsche, Karl Marx oder auch etwa Karlheinz Deschner.
Kirchenkritische Werke
Kirchenkritik gab es im Prinzip seit den ersten Konzilien der frühen Kirche. Im heute verstandenen Sinn gewann die externe Kirchenkritik mit der Aufklärung an Bedeutung. Die atheistischen Ideologien des 19. und 20. Jahrhunderts und die Verbreitung eines humanistisch geprägten Agnostizismus leisteten weiterer externer Kritik Vorschub. Heute herrscht mit dem Neuen Atheismus eine kirchenkritische naturalistische Strömung vor, die sowohl die metaphysischen als auch die gesellschaftlichen Dimensionen der Kirchen zum Teil heftig kritisiert: So unterdrücke die Kirche Frauen, sei undemokratisch, schütze Straftäter vor Verfolgung, transportiere mit Zölibat und Homophobie ein veraltetes Verständnis von Sexualität, sorge durch das Verbot von Verhütungsmitteln für unendliches Leid, beute Arbeiter*innen aus und erhalte Querfinanzierung vom Staat.