Ist Jesus Gott?

Wenn du an Jesus glaubst, weil du das von Klein auf so gelernt hast, hast du dir die Frage bestimmt auch schon mal gestellt: „Ist Jesus Gott?“ 

Auch wenn diese Frage seltsam erscheinen mag, für Christen ist sie relevant. Genau genommen bietet das Christentum ja eher so eine Art Monotheismus zweiter Klasse. Denn der „liebe“ Gott, also der jüdische Rache- und Kriegsgott Jahwe, ist im christlichen Verständnis eine Dreiheit.

Jahwe Gott Israels
Lieber Gott oder himmlischer Tyrann? Bei jahwe ist das leider nicht eindeutig

Jesus als Teil der göttlichen Dreifaltigkeit

Will man der Sache auf die Spur gehen und hört sich dazu etwa christliche O-Töne an, wird es schnell kryptisch. Gott sei mit sich selbst in der Dreifaltigkeit identisch – oder so. Es wird von „Wesenseinheit“ gesprochen – und schon geht ein Haufen fröhlicher „christologischer“ Mumbo-Jumbo los.

Die für viele andere Themen einigermaßen vertrauenswürdige Wikipedia ist selbst von der Schwurbelei betroffen und formuliert zur Trinität:

„Damit [mit der Dreifaltigkeit] wird zugleich ihre Unterscheidung und ihre unauflösbare Einheit ausgedrückt.“

Frei nach dem Motto: Die beste Logik ist zirkulär, weil sie sich im Kreis dreht.

Jesus: Mensch oder Gott?

Mit diesem dialektischen Kniff gelingt den Theologen eine ewige Mystifizierung des christlichen Gottes: Er bleibt unerklärbar, unvorstellbar, unteilbar, etc. Er kann gar nicht begriffen werden. Sonst wäre es ja nicht mehr Gott, sondern „nur“ Jesus als Mensch.

Man soll sich demnach drei „Personen“ vorstellen, nicht aber drei Substanzen. Damit entzieht sich der Gottesbegriff jeder empirischen und analytischen Plausibilitätsprüfung.

Ist-Jesus-Gott
Jesus als Teil der „Dreifaltigkeit“

Es bleibt nur die Wahrheit durch „Offenbarung“, gepaart mit der frommen Empfehlung, wider besseres Wissen und gegen jede Wahrscheinlichkeit die unterwürfige Affirmation zu suchen. Dann werde das mit Jesus schon. Mir scheint, man muss schon tief in den Messbecher geschaut haben, um das „wirklich“ zu verstehen.

Das heißt also Gott ist Heiliger Geist und Gott ist auch Jesus?

Diese Frage lässt sich auf verschiedene Weisen betrachten und interpretieren, und es gibt unterschiedliche philosophische Ansätze und theologische Perspektiven dazu. Grundsätzlich: ja und nein. Man muss halt dran glauben.

Ich zitiere hier die – leider theologisch vollkommen verseuchte – Wikipedia, um zu demonstrieren, welche analytischen Purzelbäume geschlagen werden müssen, soll der Trinitätsglaube aufrechterhalten werden.

„Vertreter der analytischen Theologie bemühen sich vor allem um eine logisch widerspruchsfreie Formulierung des Trinitätsglaubens. Dem liegt die Überzeugung zu Grunde, dass Einheit und Dreiheit in Gott nicht auf derselben Ebene liegen. Gott ist dreifaltig und zugleich eine Einheit, er ist es aber nicht dreifaltig und eine Einheit in derselben Hinsicht. Die Begriffe „Vater“, „Sohn“ und „Heiliger Geist“ (…) sind demnach als singuläre Terme zu verstehen (es gibt nur einen einzigen Gegenstand, auf den bspw. der Begriff „Vater“ zutrifft); ebenso der Term „Gott“, da es nur einen einzigen Gegenstand gibt, auf den der Term „Gott“ zutrifft. Auf Grund der Transitivität von Identitätsaussagen (Wenn a = b und b = c, dann ist auch a = c), ergibt sich nun aber ein Problem: Da der Vater (v) Gott (G) ist, der Sohn (s) Gott ist und der Heilige Geist (h) Gott ist, müsste auch der Vater der Sohn sein, und der Sohn der Heilige Geist sowie der Heilige Geist der Vater: Wenn v = G, s = G, h = G, dann auch: v = s = h. Die personale Verschiedenheit in Gott wäre nicht mehr gewahrt (vgl. Sabellianismus). Ein ebenso ungangbarer Weg ist, den Term „Gott“ als allgemeinen Term zu verstehen wie bspw. „Mensch“. Es gibt unzählige ‚Gegenstände‘, auf die der Term „Mensch“ referiert; z. B.: Peter ist ein Mensch, Susi ist ein Mensch und Laura ist ein Mensch. Ebenso wäre dann der Vater Gott, der Sohn Gott und der Heilige Geist Gott. Es wären dann aber drei Götter, so wie Peter, Susi und Laura drei voneinander klar unterscheidbare Menschen sind. Die Folge wäre ein Tritheismus. Eine Möglichkeit, diese beiden vom frühen Christentum verworfenen Positionen zu vermeiden, ist die relative Identität.

Wikipedia: Analytische Theologie
Ist Jesus Gott?
Schema der „Dreifaltigkeit“

Heiliger Geist, was war das nochmal?

Die Frage nach der Identität des Heiligen Geistes ist ein zentraler Aspekt des christlichen Glaubens und der Theologie. Im christlichen Kontext wird der Heilige Geist als die dritte Person der Trinität betrachtet, die zusammen mit Gott dem Vater und Jesus Christus eine göttliche Einheit bildet.

Ist Jesus Gott?
Kitschige Darstellung der Dreifaltigkeit: Gott Vater, Sohn, Hl. Geist (als Taube)

Gemäß der christlichen Lehre wird der Heilige Geist oft als die Kraft Gottes angesehen, die in der Welt und in den Herzen der Gläubigen wirksam ist. Der Heilige Geist wird auch als Beistand, Tröster, Führer und Inspirationsquelle beschrieben. Er wird mit verschiedenen Funktionen und Handlungen in Verbindung gebracht, wie zum Beispiel der Erleuchtung, dem Trost, der Heiligung und der Gabenverteilung.

In der Bibel finden sich zahlreiche Verweise auf den Heiligen Geist, sowohl im Alten Testament als auch im Neuen Testament. Zum Beispiel wird im Neuen Testament berichtet, dass der Heilige Geist auf Jesus herabkam und ihn bei seiner Taufe im Jordanfluss gesalbt hat. Ebenso wird von der Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Jünger berichtet, die nach Jesu Himmelfahrt an Pfingsten stattfand und als Geburtsstunde der christlichen Gemeinde gilt.

Zum Nachlesen:
Die Bibel nach Luther
(klicke auf das Buch)

Die genaue Natur und Identität des Heiligen Geistes bleibt jedoch ein Thema von theologischer Debatte und Interpretation. Verschiedene theologische Traditionen haben unterschiedliche Betonungen und Ansichten darüber, wie der Heilige Geist verstanden werden sollte. Einige sehen den Heiligen Geist als eine eigenständige Person mit einer eigenen Identität innerhalb der Trinität, während andere eher den Schwerpunkt auf die Aktivität und das Wirken des Heiligen Geistes legen.

Jesus: Mensch oder Gott? Trinität
Trinität: Person, Nicht-Person und mit sich im Getrenntsein eins. Oder so.

Was soll das überhaupt bedeuten: Jesus “ist” Gott?

Eine Möglichkeit, diese Frage zu untersuchen, besteht darin, die christliche Theologie und die Lehren der verschiedenen Konfessionen zu betrachten. Gemäß der Trinitätslehre, wie sie beispielsweise in der katholischen und den meisten protestantischen Kirchen gelehrt wird, ist Jesus sowohl Mensch als auch Gott.

Er wird als die zweite Person der Dreifaltigkeit betrachtet, die zugleich mit Gott dem Vater und dem Heiligen Geist eine Einheit bildet. Diese Perspektive sieht Jesus als göttlichen Sohn des “Vaters”, der auf die Erde gekommen ist, um die Menschheit zu erlösen.

Vielleicht war auch jemand ganz Profanes der Vater von Jesus.

Theologen spielen dann gerne mit der Bedeutung des „ist“. Das ist verwirrend für alle und endet, wie wie wir oben gesehen haben, in dialektischen Schleifen ohne empirischen Gewinn.

Warum eine allmächtige Wesenheit diesen verzwickten Erlösungs-Move überhaupt machen muss, ist unklar. Schließlich hätte Sky-Daddy “uns” ja auch mit einem Fingerschnippen erlösen können. Aber nein, es muss Revolte, Gerichtsstreit und Hinrichtung geben.

Kennst du schon: Hieß Jesus eigentlich Immanuel?

Was heißt „göttlich“ in dem Zusammenhang?

Eine andere philosophische Betrachtungsweise könnte darin bestehen, die Idee von Göttlichkeit und die Natur von Jesus zu erforschen. Es gibt verschiedene philosophische Ansätze zur Definition von Göttlichkeit, die von religiösen Glaubenssystemen bis hin zu metaphysischen Konzepten reichen. Diese sind auch für die sogeannnten Gottesbeweise einigermaßen wichtig.

Einige Philosophen könnten argumentieren, dass Göttlichkeit inhärent ist und daher nur auf eine einzige Entität, wie beispielsweise Gott, anwendbar ist. In diesem Sinne wäre Jesus als Mensch nicht göttlich. Andere könnten jedoch argumentieren, dass Göttlichkeit durch bestimmte Eigenschaften oder Handlungen definiert wird, und dass Jesus aufgrund seiner Lehren, seines moralischen Charakters oder seiner Wundertaten als göttlich betrachtet werden kann.

Gehen wir’s mal durch: 

Die Lehren Jesu erinnern teilweise eher an einen apokalyptischen Endzeitprediger als einen Gottessohn. Es gab ja nicht nur Liebe, die andere Wange und Bergpredigt. Jesus sprach auch vom Schwert und davon, sich nicht um morgen, seine Familie oder Verpflichtungen zu kümmern. Das wiederum ergibt nur Sinn, wenn er an das unmittelbar bevorstehende Ende der Welt geglaubt hat.

Der moralische Charakter wiederum: Ja, war schon ein dufter Typ, der Jesus. Daraus wiederum eine göttliche Herkunft abzuleiten, erscheint aber doch auch weit hergeholt. Schließlich gab und gibt es ja auch noch andere dufte Typen auf der Welt und von denen schließt man auch nicht gleich auf Gottesstatus. 

Und die ganzen Wunder, angefangen mit der sogenannten jungfräulichen Geburt an Weihnachten? Lazarus von den Toten auferwecken und so? Butter bei die Fische, äh, Wasser zu Wein verwandeln? Nun, in diesem Fall ist es tatsächlich so, dass ich mir mit der Glaubhaftigkeit des Dargestellten doch sehr schwer tue. Zu offensichtlich ist die Klitterei und die andauernde Widersprüchlichkeit des Neuen Testaments, denken wir nur an die Geschichte mit den Schweinen aus dem Markusevangelium (Kapitel 5). Also: Glaubhaftigkeit Fehlanzeige.

Jesus als Gott

Eine weitere Herangehensweise an diese Frage könnte darin bestehen, die historische Perspektive einzubeziehen. Es gibt historische Aufzeichnungen, die das Leben und die Existenz von Jesus von Nazareth dokumentieren. Die Interpretation dieser Aufzeichnungen kann jedoch variieren, und es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, ob Jesus tatsächlich göttlich war oder nicht.

Zweifel an der Göttlichkeit Jesu

Schließlich gibt es auch skeptische oder atheistische Positionen, die die Idee der Göttlichkeit von Jesus ablehnen. Diese Perspektive argumentiert oft aus rationalen oder philosophischen Gründen und lehnt übernatürliche Annahmen ab. Vielleicht war es ja doch nur ein ganz normaler Wanderprediger (also wenn es Jesus wirklich gegeben hat) mit Endzeitvision oder so.

Insgesamt ist die Frage, ob Jesus Gott ist, von tiefgreifender theologischer, philosophischer und historischer Bedeutung. Die Antwort darauf hängt von individuellen Glaubensüberzeugungen, philosophischen Ansätzen und der Interpretation von religiösen Schriften ab. Es gibt keine einheitliche Antwort, die alle Positionen zufriedenstellend vereinen könnte, daher bleibt diese Frage Gegenstand der Diskussion und des Glaubens.

Mittelalterliche Darstellung der Dreifaltigkeit
Mittelalterliche Darstellung der Dreifaltigkeit

Literatur zur Göttlichkeit Jesu

Wenn du dich weiter aufschlauen willst, empfehle ich dir einige Bücher. Aber machen wir uns nix vor, einiges davon ist auch Geschwafel. Als kleinen Kontrapunkt empfehle ich dir zunächst unter anderem Hitchens’ “Der Gotteswahn”, um die Gegenseite auch zu Wort kommen zu lassen und die Absurdität einiger Aspekte des christlichen Glaubens herauszuarbeiten. 

Der Herr ist kein Hirte: Wie Religion die Welt vergiftet
Wie Religion die Welt vergiftet
Der Gotteswahn: Einer der einflussreichsten Intellektuellen der Gegenwart zeigt, warum der Glaube an Gott einer vernünftigen Betrachtung nicht standhalten kann
Glaube gegen empirische Wissenschaft
Religion, Terror und das Licht der Vernunft

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Literatur zur „Christologie“

1. „Jesus ist Gott der Sohn: Denkformen und Brennpunkte der Christologie“ von Karl-Heinz Menke.

Jesus ist Gott der Sohn: Denkformen und Brennpunkte der Christologie
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Der Titel versteht sich als Antithese zur Relativierung der Einzigkeit Jesu. Menke wendet sich deshalb gegen alle Versuche, den Jesus der Geschichte vom Christus des Glaubens zu abstrahieren.

2. „Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung: Erster Teil. Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung (Jesus von Nazareth, Band 1)“ von Joseph Ratzinger (Papst Benedikt XVI.).

Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung: Erster Teil. Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung (Jesus von Nazareth, Band 1)
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Dieses Buch ist der erste Band einer dreiteiligen Serie von Papst Benedikt XVI. über das Leben Jesu. Es behandelt die Frage nach der Göttlichkeit Jesu und bietet eine theologische Perspektive.

3. „Christologie“ von Karlheinz Ruhstorfer

Christologie
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Diese aktuelle wissenschaftliche Auseinandersetzung behandelt die messianischen Erwartungen im Alten Testament, die Lehre und das Leben des Juden Jesus sowie die Geschichte und aktuelle Theoriebildung der Christologie.

4. „Grundprobleme der Christologie“ von Christian Danz

Grundprobleme der Christologie
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Christian Danz lotet auf der Grundlage der Problemgeschichte von den neutestamentlichen Anfängen bis zur gegenwärtigen Diskussion die Möglichkeiten einer zeitgemäßen Christologie aus.

Diese Bücher bieten verschiedene Perspektiven auf die Frage, ob Jesus Gott ist, und können helfen, das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Es ist ratsam, verschiedene Ansätze zu lesen und eigene Schlüsse daraus zu ziehen.

Weitere Beiträge zu Jesus:


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