Die Passion Christi
Unter der Passion Christi versteht man die Leidensgeschichte des Jesus von Nazareth. Der von seinen Anhängern als Messias gefeierte Wanderprediger wurde von den Römern in Jerusalem als Häretiker durch Kreuzigung hingerichtet. In den sogenannten Evangelien, das heißt den von der Kirche kanonisierten Berichten über sein Leben, Wirken und Sterben, nennt man die Passion Jesu auch Passionsgeschichte.

Unter dem Namen “Passion of the Christ” ist zudem der gleichnamige Film des Schauspielers und Regisseurs Mel Gibson bekannt geworden (2004) , welcher die Ereignisse der Kreuzigung in bis dahin ungekannter Plastizität zeigt.
Die Passion Christi im Neuen Testament
Als zentrales Ereignis des christlichen Glaubens ist die Passion Christi Gegenstand zahlloser Kontroversen. Die Leidensgeschichte endet mit dem Tod Jesu am Kreuz. Ihr folgt zunächst der Abstieg Jesu in die Unterwelt, dann die Auferstehung am Ostermorgen und schließlich die Himmelfahrt des Jesus Christus mit einigem zeitlichen Versatz (von wenigen Stunden bis 40 Tage, je nach Evangelium).
Falls ihr nicht mehr ganz so sattelfest mit den christlichen Feiertagen seid, empfehle ich euch folgende Bücher (klicke auf das Cover).
Falls ihr euch mit den christlichen Feiertagen schwertut, empfehle ich euch diese beiden Bücher. Sie bieten einen guten Überblick.
Davon abgesehen, dass es historiographisch keineswegs gesichert ist, dass es Jesus wirklich gab, geben auch die Berichte über sein Sterben kein einheitliches Bild ab.
In der Kirchenkritik und Religionskritik ist dies daher Anlass für eine gesunde Skepsis, was die Verlässlichkeit dieser Quellen einerseits und die tatsächlichen Ereignisse rund um den Tod des Jesus von Nazareth andererseits angeht.
Der Leidensweg des Jesus von Nazareth
Gehen wir zunächst einmal davon aus, dass es Jesus Christus wirklich gegeben hat. Von den wenigen außerbiblischen Quellen aus dem ersten und zweiten Jahrhundert erfahren wir allerdings kaum mehr als eine bloße Erwähnung des Namens.
Schon bei der Datierung gibt es deshalb Schwierigkeiten: Aus verschiedenen Gründen wird allgemein vermutet, dass die Kreuzigung und Passion Christi um das Jahr 30, wahrscheinlich nicht später als 36 n. Chr. stattfand.
Das letzte Abendmahl: Wann starb Jesus?
Problematisch ist allerdings, dass die drei synoptischen Evangelien (so bezeichnet man aufgrund ihrer Ähnlichkeit die Evangelien nach Markus, Matthäus und Lukas) und das Johannesevangelium in einem wichtigen Detail voneinander abweichen.
Bei Markus, Matthäus und Lukas fällt das letzte Abendmahl auf einen Pessachabend, bei Johannes auf den Tag davor. Es erscheint erstaunlich, dass ein solch wichtiges Detail abweichend berichtet wird.
Der Fairness halber sei erwähnt, dass es in aufwendigen Rekonstruktionen gelungen ist, diesen Widerspruch etwas zu entkräften. Zumindest wenn man annimmt, Jesus sei wie einige seiner Zeitgenossen dem jüdisch-ägyptischen Mondkalender gefolgt, im Gegensatz zum offiziellen jüdisch-babylonischen Mondkalender, wie dies Colin J. Humphreys tut (klicke auf das Buch für Details). Humphreys datiert letztendlich das letzte Abendmahl auf den 1. April 33.
Die Passion Christi in der Liturgie: Karwoche
Der Tod und die angebliche Auferstehung sowie “Himmelfahrt” sind nicht nur zentrale Ereignisse der christlichen Theologie, sondern spiegeln sich auch in der Liturgie wieder, also in der zeremoniellen und rituellen Gestaltung der Gottesdienste. Natürlich gibt es aber Unterschiede im Ritus der einzelnen Kirchen.
Passionsgeschichte am Karfreitag
Die Passion Christi ist dabei Teil der sogenannten Karwoche (althochdeutsch kara = Klage, Trauer) und findet am Karfreitag statt. Analog zu den Ereignissen enthält die Karwoche folgende Feiertage:
- Palmsonntag (Einzug in Jerusalem)
- Montag bis Mittwoch: stille Tage
- Gründonnerstag (letztes Abendmahl)
- Karfreitag: Passion Christi
- Karsamstag (Grabesruhe)
- Ostersonntag (Auferweckung)
Die letzten drei Tage nennt man auch das Triduum Sacrum (Heilige drei Tage).
Die Passion Christi: der Kreuzweg
Ankunft in Jerusalem, letztes Abendmahl, Verrat durch Judas
Nach seiner Ankunft in Jerusalem und dem letzten Abendmahl wird Jesus von den jüdischen Hohepriestern der Gotteslästerung bezichtigt. Judas Iskariot verrät den Hohepriestern seinen Aufenthaltsort für die berühmten 30 Silberstücke mit dem ebenso berühmten Judaskuss.
Verurteilung zum Kreuzestod
Es folgt die Gefangennahme und die Gegenüberstellung mit dem Hohepriester Kajaphas. Man will, dass Jesus hingerichtet wird und liefern ihn zu diesem Zweck dem römischen Statthalter Pontius Pilatus aus. Nach einem Verhör und der sogenannten Schaustellung (Johannesevangelium) erfolgt schließlich die Verurteilung des Jesus.
Kreuzweg und Kreuzigung
Vor der Kreuzigung wird Jesus gegeißelt, also ausgepeitscht. Dies gehörte zum “normalen” Ablauf einer römischen Kreuzigung, wenngleich aus heutiger Sicht an einer derart inhumanen Hinrichtungsform eigentlich nichts Normales gefunden werden kann.
Römische Kreuzigungen sollten das Sterben des Verurteilten besonders langsam und qualvoll machen. Sie dienten nicht nur der Demütigung des Gekreuzigten und seiner Angehörigen, sondern dem ganzen Volk als Abschreckung.
Die archäologische Quellenlage zu Kreuzigungen ist übrigens denkbar dünn: Lediglich ein einziger Fund eines Fersenbeins mit einem noch darin steckenden Nagel ungefähr aus derselben Zeit wie Jesus wurde bislang in Jerusalem gefunden. 2021 erfolgte ein weiterer Fund eines römischen Kreuzigungsopfers, allerdings in England.
Vor der Kreuzigung wurden die Delinquenten entkleidet und gegeißelt. Das erzwungene Tragen des Querbalkens oder der Furca gehörte ebenfalls zum Usus.
Wer trug das Kreuz bei der Passion Christi?
Auch hier sind sich die neutestamentarischen Berichterstatter wieder uneins. Im Johannesevangelium (Jh 19:17) trägt Jesus sein Kreuz alleine. In den “synoptischen” Evangelien hingegen bekommt Jesus Hilfe von “Simon, dem Cyrener” (zum Beispiel Mt 27:32).
Anschließend wurde der Verurteilte mit Seilen oder Nägeln am Balken befestigt. Ob bei Jesus Nägel verwendet worden sein sollen, ist nicht überliefert. Der Balken wurde schließlich angehoben und wiederum an einem Pfahl befestigt.
Dort wurde der Verurteilte hängen gelassen, bis er erstickte, an einem Herzversagen oder einem Kollaps starb. Der Tod wurde oft durch einen Lanzenstich durch einen römischen Wächter überprüft.
Bekam Jesus etwas zu trinken?
Ebenfalls überliefert ist, dass Gekreuzigte zu trinken bekamen. Sie sollten nicht zu früh sterben. Auch hier gibt es widersprüchliche Darstellungen in den Evangelien: Während bei Johannes (19:29-30) Jesus ein Schwamm mit Weinessig gereicht wird, erhält er bei Markus (15:23) Wein mit Myrrhe, den er aber ablehnt: “Dort reichten sie ihm Wein, der mit Myrrhe gewürzt war; er aber nahm ihn nicht.”
Das schauderhafte Ergebnis wurde zum Gegenstand zahlloser künstlerischer Abbildungen sowohl in Malerei als auch in der Bildhauerei.
Folgen der Passionsgeschichte
Nach dem Tod am Kreuz zeigt sich nach Überzeugung der Christen die göttliche Herkunft von Jesus erst wirklich: Er wird von Gott (also dem jüdischen Schöpfergott Jahwe) von den Toten auferweckt.
Tatsächlich sehen tut dies aber niemand. In der christlichen Theologie redet man sich dies damit schön, dass dies ein “alleiniger Akt” des Herrn gewesen sei. Danach läuft Jesus noch einige Tage umher und erscheint diversen Jüngern und Wanderern (die Abweichungen der Evangelisten nehmen hier zu).
Naturkatastrophen, Erdbeben und andere Zeichen
Laut der Überlieferung verdunkelte sich nach dem Ableben des Jesus die Sonne. Die Gräber in Jerusalem öffneten sich, die Toten standen auf und liefen umher, es gab ein Erdbeben, das den Tempel zerstörte und Steine bersten ließ.
Zeichen des göttlichen Zorns? Oder literarische Kopie?
Man weiß es nicht genau, aber bemerkenswerterweise finden sich dieselben apokalyptischen Ereignisse schon beim Tod des Julius Cäsar ebenfalls überliefert.
Passionsspiele
Christliche Gläubige stellen in vielen Ländern die Passionsgeschichte als Laienspiele nach. Zu den bekanntesten zählen sicherlich die Passionsspiele im bayerischen Oberammergau.
Die Faszination für diese morbide und finstere Geschichte bleibt aber scheinbar ungebrochen. Inwiefern man beispielsweise Kindern eine antike Hinrichtungsart näherbringen möchte, erschließt sich mir persönlich allerdings nicht. Im Gegenteil gibt es sehr vernünftige pädagogische Ansätze, die ohne Hinrichtungen und Höllendrohungen auskommen.
Social
2 Kommentare zu „Die Passion Christi“