Gab es Jesus wirklich?

statue of jesus

Natürlich gab es Jesus. Also den echten Jesus, den Nazarener. Den Messias. Den Gottessohn. Schließlich sprechen ja nicht nur die Evangelien des Neuen Testaments davon Zeugnis, sondern auch unzählige Quellen außerhalb der Bibel. Oder stimmt das etwa gar nicht?

Der historische Jesus von Nazaret

Egal, welcher Religion man angehört: Es scheint fast unmöglich, dass man von Jesus Christus, dem Gottessohn der christlichen Konfessionen, noch nie etwas gehört haben soll.

In vielen europäischen Ländern mit christlichen Hintergrund ist er quasi allgegenwärtig und in zahllosen Städten dominieren christliche Kirchen das Stadtbild. Doch gab es Jesus wirklich?

Die Bibel als historische Quelle für Jesus

Man muss kein Theologe oder Philosoph sein, um zu erkennen, dass es in einem Zirkelschluss endet, wenn man die Evangelisten des Neuen Testaments als neutrale Quellen für die Historizität des Jesus von Nazaret heranzieht.

Gab es Jesus wirklich?
“Servietten”-Logik
Gab es Jesus wirklich?
Zirkelschluss
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Schließlich ist es ja genau die Absicht dieser Texte, die Glaubwürdigkeit des “Gottessohnes” zu untermauern.

Das Grundproblem ist nämlich: Weder der “historische” Jesus noch seine direkte Anhängerschaft (die ihn zu seinen Lebzeiten umgab) haben schriftliche Zeugnisse hinterlassen. Der Rest ist Hörensagen.

Es bleiben also nur die christlichen Quellen: Dazu zählen neben den vier kanonisierten Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas und Johannes), die sich übrigens in vielerlei Hinsicht gegenseitig widersprechen, vor allem die Paulusbriefe.

Paulusbriefe als Beleg für Jesus?

Mit den Paulusbriefen gibt es allerdings auch ein Problemchen. Der promovierte evangelische Theologe Hermann Detering (Forschungsschwerpunkte: frühes Christentum und christliche Pseudepigraphie) widerspricht der Auffassung der Paulusbriefe als glaubwürdige historiographische Zeugnisse.

Detering zeigt in seinem Buch, dass es sich bei den paulinischen Briefen um geschickte Fälschungen handelt, die im 2. Jahrhundert anzusiedeln sind.

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Außerchristliche antike Quellen zu Jesus von Nazaret

Man sollte denken, dass es bei der Wirkungskraft und Relevanz, die von Jesus ausgeht, keinen Zweifel unter seinen Zeitgenossen geben kann, dass es Jesus wirklich gab. Dasselbe gilt für seine Auferstehung und Himmelfahrt.

Nicht nur das: Zu erwarten wäre eigentlich, dass es zahllose historische Kommentare zu Jesus’ Leben und Wirken gibt. Schließlich war er ja der Sohn Gottes und soll Wunder bewirkt haben.

Doch die außerchristliche Quellenlage ist erstaunlich dünn. Eigentlich sogar unfassbar dünn. Betrachtet man sie genauer, stellt sich heraus, dass es eigentlich nur sechs (6!) außerchristliche Quellen gibt, die innerhalb der ersten 150 Jahre nach seinem angeblichen Leben entstanden sind und Jesus erwähnen.

Es gibt also außerhalb der Bibel lediglich sechs Textzeugnisse innerhalb der ersten knapp zweihundert Jahre nach seinem Tod, in denen Jesus überhaupt Erwähnung findet!

Historische Relevanz umstritten

Selbst prochristliche Autoren müssen zugeben, dass die Relevanz dieser Quellen keinesfalls so eindeutig ist, wie man meinen möchte. Es gibt also nicht nur recht wenige Quellen, sondern die sind auch noch fragwürdig.

Im folgenden Podcast von “Man glaubt es nicht” machen sich Till und Oliver daran, alle sechs Quellen zu analysieren und entlarven, dass es sich bei mindestens vier der Texte entweder um bewusste nachträgliche Manipulationen handelt – beziehungsweise in einem Fall um eine Verwechslung.

Der Podcast bezieht sich auf das leider momentan vergriffene Buch “Falsche Zeugen” des bereits erwähnten Hermann Detering. Dieser betrachtet die gemeinhin als “Kronzeugen” angesehenen

wobei er ihnen abspricht, als historische Zeugnisse für die Existenz des Jesus von Nazareth dienlich sein zu können. Wir betrachten die Quellen nachfolgend kursorisch.

Flavius Josephus

Einer der wichtigsten “Belege” für die Existenz des Jesus von Nazaret ist das sogenannte Testimonium Flavianum, das “Zeugnis des Flavius”. Es wurde vermutlich im Jahr 92 verfasst und lautet:

„Um diese Zeit lebte Jesus, ein weiser Mann, wenn man ihn überhaupt einen Menschen nennen darf. Er vollbrachte nämlich ganz unglaubliche Taten und war der Lehrer aller Menschen, die mit Lust die Wahrheit aufnahmen. So zog er viele Juden und auch viele Heiden an sich. Dieser war der Christus. Und obgleich ihn Pilatus auf Betreiben der Vornehmsten unseres Volkes zum Kreuzestod verurteilte, wurden doch seine früheren Anhänger ihm nicht untreu. Denn er erschien ihnen am dritten Tage wieder lebend, wie gottgesandte Propheten dies und tausend andere wunderbare Dinge von ihm vorhergesagt hatten. Und bis auf den heutigen Tag besteht das Volk der Christen, die sich nach ihm nennen, fort.“

Antiquitates Judaicae des Flavius Josephus
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Nun gibt es allerdings zahlreiche Hinweise darauf, dass dieses Zitat zu der genannten Zeit von Josephus nicht geschrieben worden sein kann. So ist der Hinweis auf die Heiden und die Göttlichkeit von Jesus nur zu verstehen, wenn ihn Christen geschrieben haben. Josephus allerdings war kein Jesusanhänger.

Die Kopisten, die seinen Text über die Jahrhunderte weitergaben, allerdings mitunter schon. Es scheint wahrscheinlich, dass sie im vierten Jahrhundert diese Interpolation (Einschub) hinzugefügt haben.

Zudem unterbricht dieser Abschnitt die Passage über Pontius Pilatus, dem Josephus sich hier eigentlich zuwendet. Ihr könnt euch ja selbst ein Bild machen, indem ihr euch den Originaltext zu Gemüte führt. Die Zweifel an der Authentizität der Textstelle sind jedenfalls nicht unbegründet. Hier nachzulesen:

Antiquitates Judaicae des Flavius Josephus
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Tacitus

Publius Cornelius Tacitus erwähnt an einer Stelle seiner Annalen, dass beim Brand Roms (64 n. Chr.) Kaiser Nero versuchte, den Christen die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben.

Die Annalen des Tacitus
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Hier wird Christus namentlich erwähnt. Bei genauerem Hinsehen allerdings schreibt Tacitus “Chrestus” anstelle von “Christus” und verwechselt auch den Titel des Pontius Pilatus. Vom Leben und Wirken des Messias erfährt der Leser nichts.

„Um das Gerücht aus der Welt zu schaffen, schob [Nero] die Schuld auf andere und verhängte die ausgesuchtesten Strafen über die wegen ihrer Verbrechen Verhassten, die das Volk ‚Chrestianer‘ nannte. Der Urheber dieses Namens ist Christus, der unter der Regierung des Tiberius vom Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden war. Für den Augenblick war [so] der verderbliche Aberglaube unterdrückt worden, trat aber später wieder hervor und verbreitete sich nicht nur in Judäa, wo das Übel aufgekommen war, sondern auch in Rom, wo alle Greuel und Abscheulichkeiten der ganzen Welt zusammenströmen und gefeiert werden.

Sueton

Auch bei Gaius Suetonius Tranquillus (Sueton) findet sich nur ein einziger dürrer Satz, der einen “Chrestos” erwähnt. Kontext ist ein Edikt des Kaisers Claudius aus dem Jahr 49, nach welchem Juden die Stadt Rom zu verlassen haben: „Die Juden, welche von einem gewissen Chrestos aufgehetzt, fortwährend Unruhe stifteten, vertrieb er aus Rom.“

Sueton
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Gab es Jesus wirklich? Fazit

Ob es Jesus von Nazaret nun wirklich gab? Es bleiben gehörige Zweifel. Schließlich soll Jesus ja ein Gott gewesen sein und von den Toten auferstanden. Da scheint es doch merkwürdig, dass von den zeitgenössischen Schriftstellern und Historikern so niemand richtig Notiz von ihm genommen haben will.

Die Selbstverständlichkeit, mit denen viele Christen an die Existenz von Jesus glauben, erscheint im Lichte der spärlichen außerchristlichen Erwähnungen mehr als fragwürdig.

Die Evangelien selbst sind als Zeugnisse ebenso unzuverlässig. Sie folgen einer Agenda, schreiben voneinander ab, widersprechen sich aber gleichzeitig und wurden allenfalls nach Jahrzehnten mündlicher Überlieferung der Jesusgeschichte verschriftlicht. Es ist demnach davon auszugehen, dass keiner der Autoren Jesus oder einen der direkten Anhänger/Apostel kannte.

Es gibt weitere Probleme, nämlich das Fehlen von Erwähnungen: Obwohl zu den Zeitgenossen von Jesus auch Schriftgelehrte gehörten, die über die damals aktuellen Verhältnisse ausführlich berichteten, fehlt der Name Jesus in einigen bedeutenden Werken vollständig, unter anderem im Hauptwerk des Flavius Josephus über die Jüdischen Kriege.

Gab es Jesus wirklich? Diese Bücher behandeln das Thema des historischen Jesus.

Ob es Jesus nun wirklich gab? Ich weiß es nicht und ich meine, niemand kann dies mit Sicherheit belegen. Die Geschichtswissenschaft gibt uns jedenfalls wenig Anlass, den historischen Jesus als gesichert anzusehen.

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