Jesus-Christus-Himmelfahrt

Christi Himmelfahrt gilt als zentrales Ereignis der Jesusgeschichte und der christlichen Religion. Der „Aufstieg des Herrn“ (lat. ascensio domini), also des Jesus von Nazareth, wird traditionell am 40. Tag der Osterzeit gefeiert.

Da dies genau 39 Tagen nach Ostersonntag entspricht, wird Jesus‘ Himmelfahrt immer an einem Donnerstag gedacht.

Christi Himmelfahrt: Was ist das nochmal?

Die Geschichte selbst dürfte den meisten aus dem Neuen Testament bekannt sein. In aller gebotenen Kürze handelt es sich um das „Auffahren“ von Jesus in den Himmel, wo er „zur Rechten Gottes“ (gemeint ist natürlich Jahwe) sitzt. In der Antike war auf der rechten Seite eines Thrones traditionell der Platz des Thronfolgers.

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Nicht zu verwechseln ist die „Himmelfahrt“ mit der „Auferstehung“. Mit der Auferstehung ist etwas gemeint, was einer Art Wiederbelebung entspricht und in allen monotheistischen Religionen bekannt ist. Als „Reinkarnation“ findet sie sich aber etwa auch im Hinduismus.

Gefeiert wird die Auferstehung Jesu an Ostern. Ostern geht der Himmelfahrt also voran, da die Auferstehung ja bereits drei Tage nach seiner Hinrichtung am Kreuz stattfand.

Oder etwa nicht? Nun, ganz so eindeutig ist es keinesfalls.

Von „Höllenfahrt“ zu „Himmelfahrt“

Doch der Reihe nach. Die Frage war nämlich: Was machte der Meister (oder dessen „Seele“) vor der Himmelfahrt, und vor allem in den drei Tagen zwischen Kreuzigung und Auferstehung?

Die überraschende Antwort: Nach seinem Tod fuhr Jesus von Nazareth erst einmal wortwörtlich zur Hölle.

Jesus in der Unterwelt

Tatsächlich ging’s in die Vorhölle. Hä? Das steht aber nicht in den Evangelien, oder? Nein, tut es tatsächlich nicht – trotzdem gehört das zur christlichen Lehrmeinung – diesen Abstieg Christi in die Unterwelt“ leitet man aus einem dürren Satz des 1. Brief des Petrus ab: „In ihm ist er auch zu den Geistern gegangen, die im Gefängnis waren, und hat ihnen gepredigt“ (1.Petrus 3,19). Das Gefängnis waren die Seelen der „Gerechten“ in der Unterwelt – eine Art Vorhölle, die manchmal Hades, Hölle, Scheol oder Limbus genannt wird.

Anlehnung an die Orpheus-Sage

Himmelfahrt, Abstieg Christi in die Unterwelt

Die Vorhölle wurde übrigens im Jahr 2007 per Federstrich vom Ratzinger-Papst offiziell abgeschafft. Man darf aber weiterhin dran glauben, wenn man möchte.

Man muss sich das so vorstellen, wie die antike Geschichte von Orpheus und Eurydike: Der Held steigt in den Hades hinab, um seine Geliebte zu befreien. 

Der Unterschied ist allerdings, dass Jesus bei der Geschichte Erfolg hatte und zum Helden wird: Während der untröstliche Orpheus seine geliebte Ehefrau in der Unterwelt zurücklassen muss, befreit der Erlöser Jesus die Seelen der Gerechten und führt sie in den Himmel. Warum wird das erwähnt? Die Vermutung ist hier, dass die in der Antike weit verbreitete Orpheus-Sage mit „bedient“ und mit der neuen Jesus-Story quasi überschrieben werden sollte. Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass das Christentum heidnische Feiertage usurpiert und überlagert, denken wir nur an den historischen Hintergrund von Ostern oder Weihnachten.

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Logikfehler: Warum die Gerechten überhaupt in der Vorhölle schmoren müssen, bleibt ein Rätsel. Jedenfalls ist nach Jesus Besuch der Limbus leer. Der sogenannte Limbus spielt übrigens auch in der Göttlichen Komödie eine Rolle. Lest ruhig mal rein.

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Von der Auferstehung zur Himmelfahrt

Am dritten Tag also steht Jesus von den Toten auf. Bei der Auferstehung gibt es allerdings ein paar kleine Unklarheiten. Nicht nur, dass es Ungereimtheiten bei der Besetzung der Geschichte gibt: Mal erscheinen beim Grab zwei Engel, ein anderes mal zwei Männer. Bei Markus ist es nur ein Mann.

Die Evangelien widersprechen sich bei diesem für Christen enorm wichtigen Ereignis in weiterer Hinsicht. Man sollte eigentlich denken, dass ein so zentrales, ein so existenzielles Stück des ganzen Theaters der Handlung besonders sorgfältig und vor allem widerspruchsfrei berichtet werden könnte.


Die Bibel ist ein Märchenbuch: Daten, Fakten, Widersprüche
Einer muss ja dran glauben

Aber nein. Ganz im Gegenteil. Hier Beispiele.

Wem ist Jesus nach der Auferstehung zuerst erschienen?

Bitte wähle:

  • den „zwei Marias“ (Maria Magdalena und die „andere“ Maria) (Matthäus 28:1),
  • Maria Magdalena alleine (Markus 16:9, Johannes 20:11-14) oder
  • Cleopas und einem anderen Typen (Lukas 24:13-31)?

Hmmm.

Warnte Jesus die Jünger vor seinem Tod und sagte seine Auferstehung voraus? 

  • Ja (Matthäus 20:18-19, Markus 26:1-2, Lukas 18:31-33)
  • Nein (Johannes 20:9)

Wie vielen Aposteln erschien Jesus nach seiner Auferstehung?

  • 10 (Johannes 20:24)
  • 11 (Matthäus 28:16-17)
  • 12 (1 Korinther 15:5)

Und was sollten die Apostel nach der Auferstehung tun?

  • Nach Galiläa gehen (Matthäus 28:10)
  • In Jerusalem verweilen (Lukas 24:49)

Zwischen Auferstehung und Himmelfahrt

Was macht Jesus eigentlich nach der Auferstehung?

Zunächst muss man feststellen, dass auch der Ablauf der folgenden Tage biblisch nicht ganz einheitlich ist, um es vorsichtig auszudrücken.

Die berühmten „40 Tage“ stammen aus einer einzelnen Erwähnung der Apostelgeschichte (1,3.9-10): 

„Ihnen hat er nach seinem Leiden durch viele Beweise gezeigt, dass er lebt; vierzig Tage hindurch ist er ihnen erschienen und hat vom Reich Gottes gesprochen.“

Apostelgeschichte 1,3.9-10

Andere Textstellen lassen eher auf eine unmittelbare, das heißt sofortige Himmelfahrt schließen – ohne die vierzig Tage.

Nun geht es etwas durcheinander, je nachdem, welches Evangelium man zurate zieht.

Immer erwähnt wird jedoch: Jesus erscheint einigen Leuten (siehe oben) und spricht zu ihnen. 

Himmelfahrt nach Markus

Bei Markus 16:19 geht’s dann auch schon direkt los mit der Himmelfahrt. Auferstehung und Himmelfahrt erfolgen also am selben Tag.

„Nachdem Jesus, der Herr, dies zu ihnen gesagt hatte, wurde er in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes!“

Markus 16:19

Himmelfahrt nach Lukas

Das gleiche bei Lukas 24:1-51: Hier erscheint der Nazaräner zunächst zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus, einem Dorf unweit Jerusalems. Man speist auch zusammen. Die Jünger kehren aufgewühlt nach Jerusalem zurück, um zu berichten. Da erscheint Jesus erneut und verlangt nach gebratenem Fisch. Anschließend führt er die Männer „in die Nähe von Betanien“.

„Und es geschah, während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben“

Lukas 24,51

All dies also auch am Tag der Auferstehung. Über die Art und Weise des Aufstiegs erfährt der Leser allerdings nichts.

Himmelfahrt, wie läuft das genau? Der Bibelleser erfährt darüber nichts

Himmelfahrt nach Matthäus

Das Matthäus-Evangelium berichtet nicht von der Himmelfahrt.

Himmelfahrt nach Johannes

Anders bei Johannes: Hier sind es acht Tage, die zwischen Auferstehung und Himmelfahrt vergehen. Ihr kennt bestimmt die Geschichte vom ungläubigen Thomas? Genau diese wird hier erzählt.

„Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch!“

Johannes 20,26

Danach erfolgt noch eine Erscheinung am See von Tiberias. Man kann also behaupten, die Himmelfahrt sei mindestens acht Tage nach der Auferstehung erfolgt. Das Johannes-Evangelium schildert die Himmelfahrt allerdings nicht weiter.

Jesu Himmelfahrt: weitere biblische Widersprüche 

Doch es gibt noch mehr Unklarheiten – beziehungsweise sich offen widersprechende Stellen. Christen ist dies sehr wohl bewusst, und es gibt viele Versuche, die Widersprüche zu nivellieren oder wegzudiskutieren.

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Es darf bezweifelt werden, ob dies gelingt.

Zu viele Kleinigkeiten passen einfach nicht zusammen. Und Großigkeiten auch nicht. Beispiel: Eine Frage ist in dem Zusammenhang, ob die Apostel Jesus vor der Himmelfahrt anfassen durften.

Himmelfahrt, bitte (nicht) anfassen!

Das Johannes-Evangelium ist sich sicher: „Halt mich nicht fest“, sprach der Messias zu Maria, die ihn zunächst allerdings für den Gärtner hält (Johannes 20,17).

Die anderen Evangelisten sind sich hingegen einig, dass das Anfassen kein Problem ist: Bei Matthäus gingen die Frauen auf ihn zu und „umfassten seine Füße“ (Matthäus 28,9). Nach Lukas 24,39 fordert Jesus sogar von den Jüngern: „Fasst mich doch an“. Im Vergleich dazu lautet die Stelle bei Johannes 20,26-27: „Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ Ihr wisst schon: Hier ging es wieder um den ungläubigen Thomas.

Anzahl Anhänger bei der Himmelfahrt. 

Wie viele Anhänger waren denn zur Zeit des Aufstiegs des Herrn Jesus zugegen? Wieder so eine Frage.

Laut Apostelgeschichte 1,15 waren es 120.

Paulus von Tarsus hingegen schreibt an die Korinther: „Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen.“

Die beiden Paulusbriefe dürfen allerdings sowieso mit einiger Skepsis betrachtet werden.

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Die Himmelfahrt – eine Erfindung?

Angesichts der offenkundigen Erfindungen und Widersprüche bei den vier Evangelisten bezüglich der Auferstehung und der Himmelsfahrt darf man auch diese Texte mit angebrachter Skepsis betrachten.

Egal, ob es Jesus überhaupt wirklich gab oder nicht: Seiner Glaubwürdigkeit tun diese textimmanenten Widersprüche bei Milliarden Gläubigen keinen Abbruch.

Manchmal fragt man sich: Wieso eigentlich nicht?

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