Was ist eine Spaßreligion?

Eine Spaßreligion ist eine nicht ernst gemeinte religiöse Bewegung, die mehr auf Humor und Unterhaltung abzielt als auf spirituelle Praktiken oder Glaubenssysteme. Oftmals werden die Grundsätze und Dogmen der Spaßreligionen absichtlich absurd oder unlogisch gestaltet, um den humoristischen Aspekt zu betonen.

Die bekanntesten Beispiele für Spaßreligionen (bzw. Religionsparodien) sind 

  1. die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters, 
  2. die Kirche des Subgenius, 
  3. der Diskordianismus, 
  4. der Jediismus, 
  5. die Iglesia Maradoniana, 
  6. Last Thursdayism,
  7. Dudeismus,
  8. RELIGION und
  9. Kirche der heiligen Vagina.

Spaßreligion 1: die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters

Die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters, auch bekannt als Pastafarianismus, wurde 2005 von Bobby Henderson als monotheistische Religion gegründet. Die Kirche wurde als satirische Antwort auf die Einführung des Kreationismus in den Lehrplan der öffentlichen Schulen in den USA konzipiert. 

Die Anhänger des Pastafarianismus glauben an ein fliegendes Spaghettimonster als höhere Macht. Deshalb tragen sie oft Nudelsiebe als religiöse Kopfbedeckung.

Die Kirche hat auch ihre eigene Version der 10 Gebote, die als “acht eherne Nudeln” oder auch die acht „Mir wär’s wirklich lieber, Du würdest nicht …“ bekannt sind.

Spaßregeln für Spaßreligionen: “Mir wär’s wirklich lieber, du würdest nicht …”

Jede Spaßreligion persifliert auf die eine oder andere Art die Vorschriften von “echten” Religionen. Das “FSM” beispielsweise verlautbart keine als absolut zu verstehenden “Gebote”, sondern eher Regeln mit Vorschlagscharakter.

Hier im Wortlaut die acht Pastafari-Regeln.

  1. Mir wär’s wirklich lieber, du würdest dich nicht wie ein oberheiliger Heuchler aufspielen, wenn du meine nudlige Güte beschreibst. Wenn irgendwelche Leute nicht an mich glauben, ist das echt okay. Ich bin nicht so eitel. Außerdem: Es geht nicht um diese, also weiche nicht vom Thema ab.
  2. Mir wär’s wirklich lieber, du würdest nicht meine Existenz als Mittel benutzen, um jemanden zu unterdrücken, zu unterwerfen, zu bestrafen, zu vernichten oder du weißt schon. Ich verlange keine und benötige keine Opfer. Und Reinheit ist was für Trinkwasser, nicht für Menschen.
  3. Mir wär’s wirklich lieber, du würdest nicht Leute wegen ihres Aussehens beurteilen oder was für Klamotten sie anziehen oder wie sie reden oder wie auch immer – sei einfach nett, okay? Oh, und kriegt das mal in eure Dickschädel: Frau = Person. Mann = Person. Klar? Klar. Eine ist nicht besser als der andere, solange wir nicht über Mode reden. Tut mir leid, aber ich hab’ das den Frauen überlassen und einigen Kerlen, die den Unterschied zwischen Dunkeltürkis und Scharlachrot kennen.
  4. Mir wär’s wirklich lieber, du würdest nichts tun, das dir selbst oder deinem bereitwilligen, volljährigen und geistig gesunden Partner peinlich sein müsste. Wem das nicht passt, der kann mich mal – ich glaube, die Formulierung lautet: am A**** lecken. Wem das auch nicht passt, der sollte am besten die Glotze ausmachen und zur Abwechslung ein Stück spazieren gehen.
  5. Mir wär’s wirklich lieber, du würdest dir die verklemmten, frauenfeindlichen Vorstellungen anderer nicht auf nüchternen Magen anhören. Esst etwas, dann macht euch über die Idioten her.
  6. Mir wär’s wirklich lieber, du würdest nicht Multimillionendollar-Kirchen, Moscheen, Tempel, Schreine für Meine Nudlige Güte erbauen. Das Geld kann man nun wirklich sinnvoller anlegen. Sucht euch etwas aus:
    1. Armut zu beenden
    2. Krankheiten zu heilen
    3. in Frieden leben, mit Leidenschaft lieben und die Kosten von Kabelfernsehen senken.

Mag ja sein, dass ich ein komplexes, allwissendes Kohlenhydratwesen bin, aber ich mag die einfachen Dinge im Leben. Ich muss es wissen, ich bin der Schöpfer.

  1. Mir wär’s wirklich lieber, du würdest nicht rumgehen und Leuten erzählen, ich würde zu dir sprechen. Du bist nicht SO interessant. Nimm dich mal zurück. Und ich sagte dir bereits, dass du deine Mitmenschen lieben sollst, kannst du keinen Hinweis erkennen?
  2. Mir wär’s wirklich lieber, du würdest andere nicht so behandeln, wie du nicht selbst gern behandelt werden möchtest, es sei denn, du bist mit Sachen zugange, in denen, ähm, eine Menge Leder, Gleitcreme und Las Vegas eine Rolle spielen. Sollte die andere Person auch darauf abfahren, dann macht es, siehe auch Punkt 4, macht Fotos, und, um Mikes willen, benutzt KONDOME! Hätte ich nicht gewollt, dass es sich gut anfühlt, dann hätte ich Stacheln oder so drangebastelt.
Evangelium
T-Shirt mit
“Seiner Nudeligkeit”
Religion oder Parodie?

Das fliegende Spaghettimonster als Spaßreligion in Deutschland

2005 nahm die Kirche des “FSM” richtig Fahrt auf, nachdem ihr Gründer Bobby Henderson öffentlichkeitswirksam versucht hatte, den Pastafarismus im fundamentalistisch-christlichen Kansas in den Lehrplan öffentlicher Schulen aufzunehmen. 

Nur ein Jahr später wurde die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Berlin-Brandenburg als eingetragener Verein gegründet. Seit 2011 ist sie als gemeinnützige Körperschaft anerkannt. Im Gründungsort Templin darf der Vertein an den Ortseingangsschildern Hinweise auf die “Nudelmesse2 anbringen. Standesgemäß werden Gebete für das FSM mit einem “Ramen!” beendet.

Orteingangsschild in Templin

Spaßreligion 2: die Kirche des Subgenius

Die Kirche des Subgenius wurde 1979 von Ivan Stang und Philo Drummond gegründet. Die Anhänger des Subgenius glauben an ein Konzept namens “Slack”, das als Freiheit von der Arbeit und Konformität definiert wird.

Die “Church of the SubGenius” ist eine Parodie-Religion, die Glaubenssysteme persifliert. Sie baut auf einer komplexen Philosophie auf, die sich auf JR “Bob” Dobbs konzentriert, welcher angeblich ein Verkäufer aus den 1950er Jahren war. Er wird von der “Untergenie”-Kirche als Prophet verehrt. 

Die Anhänger von SubGenius haben zahlreiche Erzählungen über Dobbs und sein Verhältnis zu unterschiedlichen Gottheiten entwickelt. Ihre zentrale Gottheit nennen sie “Jehova 1”. Sie wird von anderen Göttern begleitet, die aus bekannten mythischen Erzählungen sowie auch aus der Science-Fiction stammen. SubGenius-Literatur geht zudem von einer großen Verschwörung aus, die das Ziel hat, die Welt einer Gehirnwäsche zu unterziehen und Dobbs’ Anhängerschaft mundtot zu machen.

Journalisten halten die Kirche meist für eine Art komplexen Witz. So wird beispielsweise die Wichtigkeit von “Slack” immer wieder betont, eine Definition des Begriffs lässt sich allerdings nirgendwo finden. Einige denken auch, die Untergenie-Bewegung wäre ein echtes Glaubenssystem mit (ernstgemeinter) Bedeutung.

Book of the SubGenius (engl.)

Spaßreligion 3: Diskordianismus

Das Diskordianismus wurde in den späten 1950er Jahren von Kerry Wendell Thornley und Greg Hill gegründet. Die Bewegung hat keine formelle Dogmatik und sieht sich selbst als “religiöse Bewegung, die keine Religion ist”. Die Anhänger des Diskordianismus glauben an die Göttin Eris aus der griechischen Mythologie, den “Göttlichen Zufall” und verwenden oft den Apfel als religiöses Symbol.

Heil Eris: der Apfel der Zwietracht

Im Diskordianismus ist der Apfel ein Symbol, das verschiedene Bedeutungen haben kann. Meist wird im Diskordianismus der Apfel als “heiliger Apfel der Eris” bezeichnet, in Anlehnung an die griechische Göttin der Zwietracht und des Chaos. 

Der Legende nach soll Eris bei der Hochzeit des Peleus und der Thetis, zu der sie nicht eingeladen war, das später als “Zankapfel” berühmt gewordene Artefakt hinterlegt haben. 

Spaßreligion Diskordianismus

Der goldene Apfel trug die Aufschrift τῇ ϰαλλιστι (gr. der Schönsten), woraufhin sich anwesende weibliche Gottheiten (Hera, Aphrodite und Athene) in die Haare gerieten. Letztendlich führten diese Ereignisse dann sogar zum Trojanischen Krieg.

Eris in einer antiken Darstellung, ca. 550 v. Chr.

Im Diskordianismus wird der Apfel daher als Symbol für das Wissen und die Weisheit angesehen, die durch das Brechen von Regeln oder das Infragestellen von Autorität erlangt werden können.

Die Zahl Fünf im Diskordianismus

Die Zahl Fünf spielt im Diskordianismus eine wichtige Rolle. Alles, was im Universum geschieht, hängt nach Überzeugung der Diskordier mit der Zahl Fünf oder einem Vielfachen von Fünf zusammen.

“Principia Discordia” und Pentabarf

Die “heilige Schrift” des Diskordianismus sind die “Principia Discordia”, die nach Überzeugung der Diskordier “„vom Apostel Zarathud in einen goldenen Stein gemeißelt aufgefunden“ wurden. In ihnen enthalten ist auch der Pentabarf. 

Der Pentabarf ist eine Art humorvolles “Dogma” oder Regelwerk, das den Diskordiern als Leitfaden dient, um ihr Leben und ihr Denken zu organisieren. Er besteht natürlich aus fünf Prinzipien. Mit vielen Texten “echter” Religionen vergleichbar, besteht sie zu einem guten Teil aus Tautologien und Selbstwidersprüchen. Und aus Quatsch.

Natürlich dürfen auch sinnlose Speisevorschriften keinesfalls fehlen, siehe Punkte 3 und 4.

  1. Es gibt keine Göttin außer der Göttin, und sie ist deine Göttin. Es gibt keine Erisische Bewegung außer der Erisischen Bewegung, und sie ist die Erisische Bewegung. Und jeder goldene Apfel ist das geliebte Heim eines Goldenen Wurmes.
  2. Ein Diskordier soll immer das offizielle diskordische Dokumentennummerierungssystem benutzen.
  3. Ein Diskordier ist zu Beginn seiner Illumination dazu verpflichtet, an einem Freitag allein nach draußen zu gehen, um fröhlich einen Hot Dog zu genießen; diese Zeremonie ist dazu da, um gegen die beliebten Heidentümer dieser Tage zu demonstrieren: gegen die katholische Christenheit (freitags kein Fleisch), das Judentum und den Islam (kein Fleisch vom Schwein), den Hinduismus (kein Fleisch von der Kuh), den Buddhismus (kein Fleisch von Tieren) und den Diskordianismus (keine Hot-Dog-Brötchen).
  4. Ein Diskordier soll keine Hot-Dog-Brötchen essen, denn diese waren der Trost der Göttin, als sie mit der ursprünglichen Zurückweisung konfrontiert war.
  5. Einem Diskordier ist es verboten, zu glauben, was er liest.
“Principia Discordia”

Spaßreligion 4: die Jedi

Jeder, der schon einmal einen Star-Wars-Film gesehen hat, weiß, was ein Jedi oder Jedi-Ritter ist. Mittlerweile haben Fans aus dem Filmuniversum eine Weltanschauung abgeleitet, die sich Jediismus nennt. 

Bei Volksbefragungen gaben in Australien 70.000 Menschen bei der Frage nach der Religionszugehörigkeit “Jedi” an, in Großbritannien 390.000 (beides 2001), in Tschechien 21.000 Personen (2021).

Jediisten glauben daran (oder tun so), dass die „Macht“ (englisch force) in den Star-Wars-Filmen eine lenkbaren Energie des Karmas ist.

Jedi-Übungsbuch

Spaßreligion 5: Iglesia Maradoniana

Die Iglesia Maradoniana (auf Deutsch: Maradonianische Kirche) ist eine in Argentinien ansässige religiöse Bewegung, die dem ehemaligen argentinischen Fußballspieler Diego Maradona gewidmet ist. Die Bewegung wurde im Jahr 1998 von einer Gruppe von Anhängern Maradonas gegründet und hat inzwischen weltweit Anhänger.

Die Iglesia Maradoniana ist eine Spaßreligion, die auf humorvolle Weise die Ideen und Werte von Maradona mit religiösen Symbolen und Praktiken verbindet. Die Mitglieder der Kirche nennen sich “Maradonianos” und beten Maradona als eine Art göttliche Figur an. Sie haben auch ihre eigenen Feiertage, einschließlich des Geburtstags von Maradona am 30. Oktober.

Die Iglesia Maradoniana hat eine Reihe von eigenen Ritualen und Praktiken, die sich auf die Karriere und das Leben von Maradona beziehen. Zum Beispiel führen sie ein “10 Gebote”-System ein, das auf Maradonas Karriere und Leben basiert. Sie sehen auch Maradonas “Hand Gottes” -Tor im WM-Spiel 1986 gegen England als ein heiliges Ereignis an.

Die Iglesia Maradoniana hat sich auch politisch engagiert und unterstützt die Rechte der Armen und Unterdrückten, was als Teil ihrer Verehrung von Maradona als Volksheld betrachtet wird. Sie sind auch bekannt für ihre Kritik an der FIFA und dem internationalen Fußballsystem, das sie als korrupt und unethisch betrachten.

Insgesamt ist die Iglesia Maradoniana eine humorvolle und satirische Bewegung, die sich um den argentinischen Fußballspieler Diego Maradona entwickelt hat. Sie wurde nicht als ernsthafte Religion gegründet, sondern als eine Art Fanclub, hat jedoch inzwischen weltweit eine große Anhängerschaft gefunden.

Ein Buch für Anhänger
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Spaßreligion 6: Last Thursdayism

Last Thursdayism ist eine Religionssatire, die besagt, dass das gesamte Universum und die Welt, so wie sie sich aktuell darstellen, erst vergangenen Donnerstag erschaffen wurde. Menschen und ihre Erinnerungen wurden ebenfalls am Donnerstag erschaffen, weshalb die Welt ihnen als deutlich viel älter erscheint.

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Der Last Thursdayism überspitzt damit die Aussagen des christlichen Kreationismus, die Welt sei erst rund 6.000 Jahre alt, obwohl der wissenschaftliche Konsens das Alter des Universums auf mindestens 13,8 Milliarden Jahre taxiert. 

Spaßreligion 7: Dudeismus

Der Dudeismus ist eine Spaßreligion, die sich aus dem Film “The Big Lebowski” ableitet. Der Protagonist des Films nennt sich selbst “der Dude”. Als Begründer des Dudeismus gilt der Journalist Oliver Benjamin im Jahr 2005. 

Die “dudeistische” Weltanschauung leiht sich Elemente des chinesischen Taoismus und der Stoa (Epikur) und basiert auf einer relaxt-fatalistischen Grundhaltung und Denkweise der Filmfigure „Dude“, die von Jeff Bridges dargestellt wurde. Der Film der Coen-Brüder erschien 1998. 

Die zentrale Schrift des Dudeismus ist The Tao Dude Ching / The Dude De Ching (2009), in dem das Tao Te Ching mit Dialogen und Handlungssträngen aus dem Film The Big Lebowski verbunden wird.

Die “Kunst des take it easy”

Spaßreligion 8: RELIGION

RELIGION” ist die Abkürzung für “Religion für Ewiges Leben, Innerfamiliären Geschlechtsverkehr, Irgendwas mit göttlicher Offenbarung und Nächstenliebe”. Es handelt sich um eine Spaßreligion, die 2013 von der Satirepartei “Die Partei” ins Leben gerufen wurde. Sie persifliert vor allem die katholische Religion. Die RELIGION ist in ihrem Selbstverständnis eine „kundenorientierte Service-Religion“, weil Gläubige an beliebige Inhalte und Götter glauben können. Seit 2017 hört man von der RELIGION allerdings nicht mehr viel.

Spaßreligion 9: Kirche der heiligen Vagina

Die Religionsgemeinschaft der Kirche der heiligen Vagina beruht auf dem Zeichentrickfilm “Kleines Arschloch” (1997). Ihrer Ansicht nach ist der “Heilige Gral” eine Chiffre für eine Vagina. Ebenso wird das neopagane Konzept von der Dreifaltigen Göttin aufgegriffen und parodiert. Rituale der KDHV sind … 

  • die Reingenitalation, 
  • “drei mal täglich rituelle Masturbationen in Gedanken an eine Vagina”,
  •  “okultische Stätten unter dem Namen Swingerclub”,
  • “Massage der Vagina mit einem errigierten Penis” zur Freisetzung “spiritueller Vaginal-Energie” sowie 
  • das “freizügige Zeigen von Brüsten und Vagina”.

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