„Pagan“ – ein Begriff, der je nach Kontext fasziniert, provoziert oder schlicht missverstanden wird. Für manche klingt er nach Magie, Naturverbundenheit und alten Ritualen. Für andere nach Aberglaube, Esoterik oder gar Teufelszeug.
Doch was bedeutet „pagan“ eigentlich wirklich? Und warum hat dieser Begriff eine so wechselvolle Geschichte hinter sich? Ein Blick auf die Ursprünge, den Wandel und die heutige Verwendung dieses Wortes bringt Licht in ein oft nebliges Feld.
Was heißt pagan? Definition und Herkunft
Das Wort „pagan“ stammt vom lateinischen paganus, was ursprünglich einfach „Landbewohner“ oder „Dorfmensch“ bedeutete – im Gegensatz zum urbanus, dem Städter.
Als das Christentum im Römischen Reich zur dominanten Religion wurde, hielt es zuerst in den Städten Einzug. Auf dem Land aber hielten viele Menschen an den alten Göttern fest.

Synonym für „heidnisch“
So wurde „paganus“ zum Synonym für „heidnisch“, also für jemanden, der nicht dem neuen, christlichen Glauben folgte.
Aus einer geographischen Beschreibung wurde also ein religiöses Etikett – nicht ohne abwertende Untertöne.
Die historische Entwicklung des Begriffs „pagan“
Im Laufe der Kirchengeschichte wurde der Begriff „pagan“ zunehmend negativ konnotiert.
Er diente dazu, nichtchristliche Religionen zu delegitimieren und ihre Anhänger als rückständig oder gar dämonisch zu brandmarken.
Im Mittelalter galten „Pagane“ als Feinde des Glaubens, im Zeitalter der Missionierung als primitive Völker, die „bekehrt“ werden mussten.
Diese Ablehnung des Heidentums gab es sowohl im Christentum, im Judentum und auch im Islam.

Sie richtete sich zunächst gegen den griechischen und römischen Polytheismus. Aber auch das Heidentum der Germanen, Kelten, Slawen usw. wurde im weiteren Verlauf bekämpft.

Erst in der Neuzeit, besonders im 20. Jahrhundert, begannen sich Gruppen bewusst als „pagan“ zu bezeichnen – diesmal allerdings positiv: als Rückbesinnung auf vorchristliche, naturbezogene Traditionen.

Paganismus heute: von alter Religion zu moderner Spiritualität
Der moderne Paganismus ist eine vielgestaltige spirituelle Strömung, die sich aus alten, oft regionalen Religionen speist – von keltischer Mythologie über nordische Götterwelt bis zu römischer oder ägyptischer Symbolik.
Viele „Neopagane“ verehren Naturkräfte, arbeiten mit Ritualen und feiern die Zyklen der Jahreszeiten. Dabei geht es nicht um eine Rückkehr ins Mittelalter, sondern um die Schaffung einer alternativen, oft individuell geprägten Spiritualität.
Der Paganismus von heute ist bewusst und reflektiert – kein Aberglaube, sondern ein Gegenentwurf zu dogmatischen Großreligionen.
Beispiel für Neopaganismus: Wicca
Eine der bekanntesten neopaganen Bewegungen ist Wicca, gegründet im 20. Jahrhundert von Gerald Gardner (1884–1964).
Wicca kombiniert Elemente keltischer, ritueller und okkulter Traditionen und ist geprägt von der Verehrung einer Göttin und eines Gottes, dem Glauben an Magie und der Achtung vor der Natur. Viele Wicce-Anhänger*innen verstehen sich als Hexer oder Hexen; das englische Wort für Hexe (witch) geht sprachgeschichtlich auf wicce zurück
Feste wie Samhain oder Beltane strukturieren das Jahr. Wicca versteht sich ausdrücklich als friedlich, egalitär und naturverbunden – und ist damit ein Paradebeispiel für den modernen, spirituell orientierten Paganismus, der weder rückwärtsgewandt noch irrational ist, sondern bewusst alternative Wege der Sinnsuche beschreitet.
Wicca und dem Wicca nahestehende Religionen machen in Deutschland etwa 0,25 % der Gesamtbevölkerung aus (Quelle), das entspricht rund 200.000 Individuen.

Missverständnisse und Klischees rund um das Wort „pagan“
Trotz wachsender Akzeptanz begegnen Pagane immer noch vielen Vorurteilen. Manche verwechseln Paganismus mit Satanismus – ein Irrtum, der auf jahrhundertelanger christlicher Polemik beruht. Andere sehen darin eine esoterische Modeerscheinung oder kitschige Fantasieflucht.
In Wahrheit ist Paganismus meist rationaler, als viele glauben: Er bietet ein spirituelles Weltbild ohne Absolutheitsanspruch, ohne Himmel und Hölle, ohne ewige Verdammnis – dafür mit viel Natur, Symbolik und Selbstverantwortung.
Die größte Provokation des Paganismus liegt vermutlich darin, dass er ohne Heilsversprechen auskommt.
Paganismus: mehr als nur ein Etikett für Andersgläubige
„Pagan“ ist kein Schimpfwort – zumindest nicht mehr. Der Begriff hat sich vom Stigma zum selbstbewussten Label entwickelt, das heute eine Vielzahl spiritueller Zugänge umfasst.
Was einst als „heidnisch“ abgewertet wurde, wird heute als legitimer Ausdruck von Religiosität, Naturverbundenheit und kulturellem Erbe neu belebt.
Paganismus ist keine Einbahnstraße zurück in eine mythische Vergangenheit, sondern ein vielstimmiger, moderner Zugang zu Fragen von Sinn, Natur und Gemeinschaft – jenseits kirchlicher Dogmen und monotheistischer Ausschließlichkeit. Wer also „pagan“ hört, sollte weniger an Teufel und Dämonen denken – und mehr an Vielfalt und harmonisches Leben.
„Pagane“ Weblinks
- PaganLex – Wissen rund um den Paganismus und Paganismus-Lexikon
- Ár nDraíocht Féin (ADF) – Druidische Gemeinschaft Deutschland e. V.
- Pantheon Berlin e. V. – Verein für interreligiöse Bildung und Zusammenarbeit
- Heidentum (Wikipedia)
- Neopaganismus (Wikipedia)

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