Ein laizistischer Staat zeichnet sich durch die strikte Trennung von Religion und Staat aus.
Was ist ein laizistischer Staat?
Laizistischer Staat bedeutet: Keine Religion darf institutionellen Einfluss auf staatliche Strukturen, Bildung, Rechtsprechung oder Gesetzgebung nehmen – und umgekehrt mischt sich der Staat nicht in religiöse Angelegenheiten ein, solange diese nicht gegen geltendes Recht verstoßen.
Laizismus ist dabei keine Feindseligkeit gegenüber Religion, sondern die rechtliche Neutralität des Staates in Glaubensfragen. Religion wird zur Privatsache erklärt – der Staat schützt die individuelle Freiheit des Glaubens, bekennt sich aber zu keiner Konfession.
Laizismus vs. säkularer Staat
Nicht jeder säkulare Staat ist automatisch laizistisch. Während ein säkularer Staat Religionen im öffentlichen Leben duldet, sogar finanziell unterstützt oder rechtlich bevorzugt (wie in Deutschland), trennt der laizistische Staat Kirche und Staat radikal.
Der Laizismus ist eine gesetzlich verankerte Prinzipienhaltung – der Säkularismus eher eine gesellschaftliche Realität oder politische Richtung.
Anders gesagt: Säkularismus ist das Ergebnis, Laizismus das Mittel. Der eine duldet Religion auf Abstand, der andere weist sie konsequent in die private Sphäre zurück.
Historische Entwicklung des Laizismus
Die Wurzeln des modernen Laizismus liegen in der Französischen Revolution von 1789.
Ursprung in der Französischen Revolution
Die radikale Abkehr vom kirchlichen Einfluss auf den Staat war eine bewusste Reaktion auf das Ancien Régime, in dem Klerus und Adel sich gegenseitig stützten.
Mit der Abschaffung der Privilegien der Kirche, der Verstaatlichung kirchlichen Eigentums und der Einführung einer zivilen Verfassung für den Klerus begann eine Epoche der konsequenten Trennung – mit der Guillotine im Hintergrund.
Laizismus war in Frankreich nicht nur ein Prinzip, sondern ein antiklerikaler Befreiungsschlag.
Die Rolle der Aufklärung
Die geistigen Grundlagen des Laizismus wurden durch die Aufklärung gelegt. Philosophen wie Voltaire, Rousseau oder Diderot kritisierten nicht nur religiöse Dogmen, sondern auch deren politischen Einfluss.

Für sie war der Laizismus ein Mittel zur Emanzipation des Denkens, zur Entfaltung der Vernunft und zur Sicherung der individuellen Freiheit.
Religion galt als Privatsache – die öffentliche Ordnung aber sollte sich an universellen, rationalen Prinzipien orientieren, nicht an heiligen Texten oder kirchlicher Moral.
Der Laizismus in Verfassungen
Im 20. Jahrhundert wurde Laizismus in mehreren Staaten gesetzlich verankert – besonders markant in der französischen Verfassung von 1905, die die Trennung von Kirche und Staat zur rechtlichen Norm machte.
Auch in der Türkei unter Mustafa Kemal Atatürk wurde der Laizismus zum Staatsprinzip erhoben – zunächst mit europäischer Orientierung, später unter autoritärem Vorzeichen.
Andere Länder wie Mexiko oder Indien verankerten laizistische Elemente in ihrer Verfassung, doch die Praxis ist oft von religiösen und politischen Realitäten durchsetzt.
Beispiele laizistischer Staaten weltweit
Frankreich als Paradebeispiel
Frankreich ist das klassische Beispiel für einen laizistischen Staat. Seit dem Gesetz von 1905 ist die Trennung von Kirche und Staat dort unerschütterlich – zumindest auf dem Papier.
Der Staat finanziert keine Religionsgemeinschaft, verbietet religiöse Symbole in öffentlichen Schulen und betrachtet Religion als strikt private Angelegenheit.
Doch in der Praxis führen kulturelle Realitäten, insbesondere durch die wachsende religiöse Diversität, regelmäßig zu Konflikten – etwa bei Kopftuchverboten oder der Frage nach religiöser Kleidung im öffentlichen Dienst.
Türkei: Zwischen Laizismus und Islamisierung
Die Türkei war unter Atatürk ein Paradebeispiel für staatlich verordneten Laizismus – samt Kopftuchverbot in Universitäten, staatlicher Kontrolle über religiöse Inhalte und Repression islamistischer Bewegungen.
Seit den 2000er Jahren hat sich das unter der AKP-Regierung massiv verändert: Der Islam gewinnt wieder an öffentlicher Präsenz, der Einfluss religiöser Institutionen wächst, und der Laizismus ist zunehmend nur noch ein Papiertiger.
Die Türkei zeigt exemplarisch, wie brüchig Laizismus wird, wenn politische Mehrheiten sich auf religiöse Legitimation stützen.
USA: Trennung auf dem Papier – Realität komplexer
Die Verfassung der USA enthält ein klares Gebot: „Congress shall make no law respecting an establishment of religion.“
Doch in der Praxis sind Religion und Politik in den USA eng verwoben. Präsidenten schwören auf die Bibel, „In God We Trust“ steht auf jeder Dollarnote, und die christliche Rechte beeinflusst maßgeblich Gesetzgebung und gesellschaftlichen Diskurs.
Die Trennung besteht – aber sie wird durch kulturellen Theismus und politischen Pragmatismus immer wieder durchlöchert.
Ein Atheist als Präsident? Aktuell undenkbar. Selbst Obama war nur gerüchteweise Atheist – der aktuelle Präsident Trump setzt derart auf die theistischen Strömungen, dass schon Trump-Bibeln herausgebracht wurden. Inwiefern diese als Polit-Satire oder Bibel-Satire angesehen werden, und wie viele Evangelikale diese Ernst nehmen, entzieht sich meiner Kenntnis.

Kritik und Herausforderungen
Kritiker des Laizismus werfen ihm vor, keine echte Neutralität zu sein, sondern eine Form staatlich verordneter Religionsabwertung.
Neutralität oder versteckte Ideologie?
Wenn etwa das Tragen religiöser Symbole verboten wird, kann das als Einschränkung der Religionsfreiheit gewertet werden. Laizismus läuft Gefahr, selbst zur ideologischen Doktrin zu werden, wenn er statt Toleranz eine säkulare Homogenität erzwingt.
Die Grenze zwischen Schutz der Freiheit und Verdrängung religiöser Ausdrucksformen bleibt eine Gratwanderung.
Spannungsfeld zwischen Religionsfreiheit und Verdrängung
In pluralistischen Gesellschaften mit vielfältigen religiösen Identitäten wird der Laizismus schnell zum Konfliktfeld: Schützt er die Gesellschaft vor religiösem Einfluss – oder unterdrückt er religiöse Sichtbarkeit?
Besonders Minderheiten fühlen sich oft durch laizistische Maßnahmen diskriminiert, etwa wenn muslimische Frauen ihre Kopfbedeckung ablegen müssen.
Die Herausforderung liegt darin, individuelle Freiheit zu garantieren, ohne öffentliche Institutionen zur religiösen Bühne zu machen – oder zur religionsfreien Zone zu degradieren.
Laizismus im Vergleich: Deutschland als Gegenmodell
Deutschland ist kein laizistischer Staat.
Staatskirchenrecht und Kirchensteuer
Im Gegenteil: Die großen Kirchen sind öffentlich-rechtliche Körperschaften, erhalten Milliarden an staatlichen Subventionen, dürfen Kirchensteuer einziehen und unterrichten Kinder in staatlichen Schulen im eigenen Glauben.
Das sogenannte Staatskirchenrecht verankert diese enge Verbindung – ein historisches Erbe der Weimarer Republik, das bis heute kaum angetastet wurde. Während Frankreich religiöse Neutralität predigt, lebt Deutschland staatlich abgesegneten Konfessionalismus.
Ist Deutschland säkular oder privilegiert religiös?
Deutschland wird gern als säkularer Staat bezeichnet – aber faktisch genießt Religion hier privilegierte Sonderrechte.
Von der Kirchensteuer über Sitzplätze in Rundfunkräten bis hin zur Militärseelsorge: Religion ist institutionell tief verankert. Der Staat bekennt sich zur „fördernenden Neutralität“, was in der Praxis bedeutet: Er fördert bevorzugt die christlichen Großkirchen.
Aus laizistischer Perspektive ist das kein Kompromiss, sondern ein strukturelles Ungleichgewicht – das sich zunehmend mit dem gesellschaftlichen Trend zur Konfessionslosigkeit beißt. Wer von echter Trennung spricht, muss mehr tun, als das Kreuz aus dem Gerichtssaal zu nehmen.
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